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Trinkfest waren die alten Keltenhäuptlinge

TRIER. Das Wort "sensationell" fällt bei Ausgrabungen rasch. Dabei zeigt die Ausstellung "forum 04" im Landesmuseum, dass Archäologie vor allem mühsame Kleinarbeit ist.

So unterscheiden sich die Blickwinkel. Während der Archäologe jubelt, reibt sich der interessierte Laie verwundert die Augen und fragt, was an der angeblichen Sensation denn das Sensationelle ist. Auch in der Ausstellung "forum 04", die gestern im Landesmuseum eröffnet wurde, kommen archäologische Prunkstücke ziemlich unscheinbar daher. So wurde bei Ausgrabungen in Duppach-Weiermühle (Kreis Daun) eine Wildschweinschnauze entdeckt, die just zu einem Relief passt, das 80 Jahre zuvor am selben Ort gefunden wurde - ein Löwe, der einen Eber anfällt. Das Opfer des vorzeitlichen Konflikts ist also jetzt wieder komplett. Das ist gewiss erfreulich. Aber lassen sich daraus weit reichende Erkenntnisse ableiten?

Ein Mosaik vergangener Lebensumstände Abb.
Immer wieder zeigt sich beim Rundgang durchs "forum 04": Archäologen betreiben mühsame Kleinarbeit. Aus zahllosen Funden setzen sie ein Mosaik vergangener Lebensumstände zusammen, oder versuchen es zumindest. So kommt es, dass in Expertenkreisen als Sensation gilt, was die Öffentlichkeit eher beiläufig zur Kenntnis nimmt.

Interessante Grabungsergebnisse hat es in den letzten Jahren reichlich gegeben. So zeigt die Ausstellung ein Skelett samt Grabbeigaben vom Trierer Petrisberg. Das stammt aus einem spätrömischen Gräberfeld, das gegen alle Bräuche am Hang angelegt wurde. In der Trierer Saarstraße haben die Wissenschaftler römische Straßen mit Wasserleitungen aus Holz und Resten von Gewerbebetrieben entdeckt. Und in Tawern zeugen Holzfunde von der frühen römischen Bautechnik in der Region, bevor man zum Steinbau überging.

Fundstücke sprechen ihre eigene Sprache. Die will entschlüsselt und übersetzt werden. Erst wenn das gelingt, wenn die Grabungsfakten in einen größeren Zusammenhang gestellt werden können und ein Geschichtsbild mit gestalten, werden sie über Expertenkreise hinaus interessant.

Solche Zusammenhänge herzustellen, glückt in der Ausstellung nicht immer. Trotzdem stellen die Wissenschaftler vom Landesmuseum nicht nur Funde zur Schau, sondern präsentieren auch Schlüsse daraus, vermitteln Ergebnisse und versuchen, ein Bild historischer Lebenswirklichkeit zu zeichnen. Ein wenig zaghaft haben Gestalterinnen auch einen Gegenwartsbezug herzustellen versucht, mit charakteristischen Personentypen auf Fahnen.

"forum 04" präsentiert nicht nur Ergebnisse, es erzählt auch von den oft mühsamen Bergungs- und Rekonstruktionsarbeiten. Weil die Notgrabung zur Regel geworden ist, bleibt wenig Zeit, Schätze zu entdecken und zu heben, bevor die Bagger der Bauunternehmen anrücken. Da helfen Techniken wie die geomagnetische Untersuchung des Erdreichs. Störungen des Magnetfelds können Hinweise auf verborgene Relikte der Vergangenheit sein. Sie werden erfasst und in einem groben "Röntgenbild" wiedergegeben. Ob man dann gräbt oder die Zeugen der Vergangenheit ruhen lässt, ist eine andere Frage. Erde ist der beste Konservierungsstoff.

Mit den Ausgrabungen fängt die wissenschaftliche Arbeit oft erst an. In Tawern hat eine örtliche Initiative aus einem fragmentarischen Merkur-Kopf eine komplette Statue rekonstruiert. Die ist natürlich zum großen Teil Fantasie.

Zwischen Bewahren und Wiederherstellen

Eine Folge von Fotos zeigt außerdem, wie Fachleute einen frühkeltischen Bronzekessel wieder hergestellt haben. Wobei es zwischen Restauratoren und Rekonstrukteuren zu Spannungen kommen kann; die einen wollen die gefundene Gestalt möglichst erhalten und nichts hinzu tun, die anderen freuen sich, wenn sie aus Bruchstücken mit einiger Phantasie ein komplettes Objekt wieder herstellen können.

Bei dem Bronzekessel blieb dieser Konflikt glücklicherweise aus. Nun steht er in der Ausstellung, unscheinbar, aber wertvoll. Er wurde vor rund 2500 Jahren zu Trinkgelagen benutzt - natürlich nur von der Oberschicht - und fasst immerhin 21 Liter. Trinkfest waren die alten Keltenhäuptlinge also ganz bestimmt.

Bis 9. Januar 2005, di. - fr. 9.30 - 17 Uhr, sa. u. so. 10.30 - 17 Uhr.

| Benita Fabry | 2004