Fabelwesen aus der Eifeler Erde
Bedeutende archäologische Funde in der Verbandsgemeinde Gerolstein - Wissenschaftler graben Grabmonument aus
Von unserem Mitarbeiter HELMUT GASSEN. Duppach. Studenten der Uni Köln haben auf einem Feld nahe Duppach einen Aufsehen erregenden Fund gemacht: Sie entdeckten auf einem Feld Fundamente und Reste von Skulpturen eines reich verzierten Pfeilergrabmals aus der Römerzeit.
Es war wohl ein wohlhabender und angesehener Mann, der sich in der Nähe des Duppacher Ortsteils Weiermühle, etwa einen Kilometer von der Römerstraße Trier-Köln entfernt, mitten in einem urzeitlichen Vulkankrater ein reich verziertes und monumentales Grabmal bauen ließ. Darauf deuten die Spuren hin, die Archäologen und Studenten der Universität Köln bei ihren Anfang August begonnenen Grabungen gefunden haben. Riesige Mauerreste von 5,20 Meter mal 5,20 Meter zeigen, dass hier im 2. bis 3. Jahrhundert nach Christus ein römisches Grabmal von den Dimensionen der Igeler Säule gestanden haben muss. Wie weitere Untersuchungen ergaben, erstreckten sich rund um die Fundstelle ausgedehnte Gebäudekomplexe, bei denen es sich um einen Gutshof mit Villa handeln dürfte. Bereits seit 1920 war bekannt, dass auf dem Feld nahe dem Duppacher Ortsteil Weiermühle Reste einer Bebauung im Boden lagen.
Aus dieser Zeit stammen die Funde eines Löwenkopfes und eines Wildschweines, die seitdem im Fundus des Landesmuseums Trier sind. Das vermutete Denkmal und seine Umgebung wurden seitdem vom Archäologischen Verein Gerolstein betreut und überwacht. Manches Stück fand dabei Paul Surges, der seit zwanzig Jahren die Felder abgeht. Dazu gehört auch ein großes Reliefteil des Grabmals. Im Laufe der Jahrhunderte und besonders im Mittelalter wurden die Reste der Grabanlage als Steinbruch genutzt, so dass, anders als in Igel, von der Anlage nichts mehr zu sehen war.
Zeit und Möglichkeit, in Duppach zu graben, habe das Landesmuseum Trier nicht, da 90 Prozent aller Tätigkeiten sich auf die Grußfundstelle Trier konzentrierten, erklärte Museumsdirektor Dr. Hans-Peter Kuhnen. „Das Umland, also auch die Eifel, ist asrchäologisch etwas zu kurz gekommen und hat lange nicht im Mittelpunkt gestanden. Dies wird sich aber durch die neue, nicht alltägliche Fundstelle ändern, da sie jetzt im Blickpunkt steht″, erklärte Kuhnen in einer Presssekonferenz an der Ausgrabungsstätte. Die Anfang August im Auftrag des Landesmuseums begonnene Notgrabung durch ein Team des Archäologischen Institutes der Uni Köln unter der Leitung der Archäologen Peter Henrich und Dr. Marianne Tabaczek mit Hilfe von Studenten der Uni Köln war notwendig geworden, weil das Denkmal durch Erosion und die intensive maschinelle Feldbearbeitung in Gefahr geraten war. Denn die Reste der umfangreichen Anlage von fast 1.000 Quadratmetern Fläche liegen nur etwa 30 Zentimenter unter der Erdoberfläche und Kratzspuren an den riesigen Quadern zeigen, dass der Pflug schon öfters daran gekratzt hat.
Mehrere Untersuchungen zeigten den Archäologen im vergangenen Jahr auf, was sie an Funden erwartet. In einer sechs Wochen dauernden Grabungskampgne wird nun die Geschichte der Eifel freigelegt. Gefunden wurde bereits ein römischer Bestattungsplatz am Rande einer in etwa 200 Meter Entfernung liegenden dazugehörigen Gutsanlage. Dieser große Platz umfasste auch die Fundamente eines mächtigen römischen Pfeilerdenkmals, das von einem gepflasterten und umfriedeten Bestattungshof und drei Steinplattengräbern umgeben war. Außerdem wurde schon eine Aschengrube mit verbranntem Geschirr gefunden, was einem Totenritual der Römer entspricht, die nach der Einäscherung des Toten an seinem Grab eine Mahlzeit zu Ehren des Verstorbenen einnahmen. Das Fundament des mächtigen Pfeilerdenkmals ist aus Steffelner Tuff, das Grabmal selbst war aus Sandstein. „Wertvolles, wie Gold, werden wir hier zwar nicht finden, dafür aber wissenschaftliche Ergebnisse und besonders schöne Fundstücke″, prognostizierte Grabungsleiter Henrich.
Dazu gehören neben den Fragmenten des Reliefs auch Götterstatuen. Die Muttergottheiten mit einer Größe von etwa 40 Zentimeter, die von Tempelbesuchern als Votivgaben gedacht waren, werden zurzeit im Trierer Museum restauriert. Weiterhin wurden einige abgeschlagene und zerstörte Frauenköpfe und noch über 100 nicht zuzuordnende Teile aus Sandstein gefunden. Die bedeutendsten Fundstücke sind jedoch die Bruchstücke von mindestens zwei monumentalen Greifen aus Sandstein, die als größte ihrer Art nördlich der Alpen gelten. Etwa 1,50 Meter Höhe und zwei Meter Breite hatten die beiden als Reliefschmuck verwendeten Fabelwesen, wie sich aus den Proportionen des Kopfes und eines Greiffußes ergibt. Insgesamt hatte das Grabmal wohl eine Höhe von über zwölf Metern. „Wir haben zehnmal soviel gefunden, wie wir erwartet haben″, freut sich Peter Henrich, der seine Doktorarbeit über die römische und vorgeschichtliche Besiedlung schreibt.
Der Grabbezirk gehörte zu einer großen Gutsanlage, die ein Herrenhaus, ein Badegebäude, Nebengebäude und wirtschaftlich genutzte Areale umfasste und später untersucht werden soll. Unterstützung fanden die Archäologen aus Köln bei dem Eigentümer des Feldes sowie der Gemeinde Duppach, der Verbandsgemeinde Gerolstein, dem Landesmuseum Trier und der Fritz-Thyssen-Stiftung, die Geld für die Ausgrabung zur Verfügung stellten. Nach der Grabung wird die Fundstelle zum Schutz vor Erosion wieder zugeschüttet werden. „Am wichtigsten ist jetzt zuerst der Gedanke des Schützens. Ich würde es aber begrüßen, wenn die Fundstelle aus der Bewirtschaftung heraus genommen würde″, sagte Museumsdirektor Kuhnen.
Im Rahmen des Tages des Offenen Denkmals kann die Grabungsstelle unter fachkundiger Anleitung am kommenden Sonntag, 8. September, besichtigt werden.