Größtes Villenviertel der Römer
STROHN. Die Umgebung des Pulvermaares verbirgt viel mehr, als sich momentan Besuchern und Einheimischen augenscheinlich bietet. Neueste Messungen zeigen, dass in der Römerzeit des zweiten und dritten Jahrhunderts bei Strohn, Gillenfeld und Ellscheid mehrere Villenanlagen standen, darunter die bisher größte bekannte in Deutschland.
Vor über 2000 Jahren eroberte Julius Cäsar mit seinen Legionen Gallien und kam bis nach Neuwied, wo er kurz über den Rhein setzte. Damit war das Rheinland und die heutige Eifel römisches Gebiet, was mehrere Jahrhunderte so blieb.
Trier (Augusta Treverorum) als Zentrum, Bitburg (Vicus Beda), Jünkerath (Icorigium) als Kastelle waren in der Eifel die größten römischen Ansiedlungen, aber gesiedelt wurde im ersten und zweiten Jahrhundert an vielen Stellen. So entstanden an geschützten Orten römische ländliche Ansiedlungen aber auch prachtvolle Villen im Stile von Nittel und Otrang mit Mosaikböden, Thermen und Prunkräumen.
All dies war in dieser Gegend vorhanden, wie die Villa Sarabodis in Gerolstein oder die Entdeckung der Villenanlage bei Duppach zeigen. Nun ist es auf Grund langer geophysikalischer Messungen und Untersuchungen der Universität Köln amtlich: Auch bei Ellscheid, Gillenfeld und Strohn existierten solche Villenanlagen.
Größte römische Villenanlage Deutschlands
Die Sensation ist jedoch, dass zwischen Gillenfeld und Strohn die größte bekannte Villenanlage Deutschlands mit mindestens 10 bis 15 Hektar Hoffläche und mehr als 15 Einzelgebäuden, zwei Grabhügeln sowie einem sehr großen Grabdenkmal im Boden schlummert.
In den Jahren 2004 und 2005 untersuchten die beiden Archäologen Peter Henrich und Carsten Mischka von der Universität Köln römische Fundstellen auf den genannten Gemarkungen mit Hilfe geophysikalischer Messungen.
Diese basieren darauf, dass Bodeneingriffe, egal ob durch Gräben oder Mauern, Störungen im Magnetfeld der Erde verursachen. Diese magnetischen Anomalien macht das Messgerät sichtbar. Mit dieser neuen Technologie ist es möglich, den Grundriss von Gebäuden zu erfassen, die unter der Erde liegen, ohne langwierig graben zu müssen.
"Das Interessante ist, dass fernab der reichen Gegenden wie an der Mosel bei Trier auch hier in der Eifel solche Anlagen sind", sagt Peter Henrich. Dass die Bevölkerung Interesse an der römischen Geschichte der Region hat, zeigte sich angesichts der 180 Besucher im Bürgerhaus Strohn sehr deutlich.
Erwartungen bei Weitem übertroffen
Die Ergebnisse der Untersuchungen bei Strohn, Gillenfeld und Ellscheid sind ja auch sensationell und haben die Erwartungen der Spezialisten bei Weitem übertroffen. "Wir wollen aber keine Ausgrabungen machen, sondern ohne diese auskommen. Der Informationsgehalt ist so viel größer", erklärte Carsten Mischka den Besuchern.
Was eine Ausgrabung auch praktisch unmöglich macht, sind die hohen Kosten. "Eine vierwöchige Grabung würde ungefähr 80 000 Euro kosten und man hätte trotzdem nur eine kleine Stelle ausgegraben", sagte Henrich.
Dass sich unter dem Boden zwischen dem Pulvermaar und Strohn etwas Altes befindet, war schon im 19. Jahrhundert bekannt. In der direkten Nähe verlief auch eine Römerstraße.
Schon in den 30er-Jahren des vorigen Jahrhunderts wurden am Grubenberg die Fundamente einer riesigen Grabsäule, ähnlich der Igeler Säule, gefunden.
Keine Ausgrabung geplant
Das Sahnestück der geomagnetischen Messung liegt zweifellos zwischen Strohn und Gillenfeld, wo eine riesige Villenanlage mit vielen Nebengebäuden stand. Die Front des Hauptgebäudes wies allein schon Maße von 90 Metern Länge und 35 Metern Tiefe auf.
Zu vermuten ist, dass im Boden daher auch reich verzierte Mosaikfußböden liegen.
Im Umfeld des reichen Römers von Strohn/Gillenfeld lagen weitere Gehöfte bei Ellscheid, Strohn und Immerath.
Doch wie soll die nicht sichtbare römische Geschichte im Boden nun touristisch genutzt werden? Diese Frage stellten sich die Archäologen, die Ortsbürgermeister der betroffenen Gemeinden und VG-Bürgermeister Werner Klöckner sowie Alfred Bauer von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Daun-Vulkaneifel nach der Informationsveranstaltung. Gedacht ist an eine touristische Nutzung in Form eines Wanderweges, etwa eine "Straße der Römer" in der Eifel.
Die Inwertsetzung der römischen Geschichte ist natürlich schwierig ohne sichtbare Funde, die normalerweise die Touristen anlocken. Der Blick in die Römerzeit ohne Ausgrabung soll nun wahrscheinlich mit lehrreichen Info- und Schautafeln am Wanderweg vermittelt werden, was auch finanzierbar wäre.
Ein besonderer Wert bei der Vermarktung soll auf das Superlativ "Größte römische Villenanlage Deutschlands" gelegt werden. In der Diskussion war auch ein Museum mit Funden der Eifel und Repliken von Funden.